Auswirkungen des Koalitionsvertrages auf die Kölner Asyl- und Sozialpolitik

Pressemeldung vom 28.Mai 2025

„Dieser Koalitionsvertrag steht im klaren Widerspruch zur Absicht der Koalition, durch eine migrationspolitische Wende die Kommunen in Deutschland zu entlasten. Zumindest für Köln müssen wir feststellen, dass die Berliner Koalition das noch im letzten Jahr bekräftigte gemeinsame Kölner Bekenntnis von Verwaltung, Politik und Stadtgesellschaft, eine humane Integrations- und Aufnahmepolitik zu bewahren, durch den Koalitionsvertrag konterkariert.“ Dies stellen Wolfgang Uellenberg van Dawen, Sprecher des Kölner Runden Tisches für Integration, Tim Westerholt, Geschäftsfeldleiter der Caritas Köln und Claus Ulrich Prölß, Geschäftsführer des Kölner Flüchtlingsrates auf der heutigen Pressekonferenz zu den Auswirkungen des Koalitionsvertrages auf die Kölner Aufnahme- und Integrationspolitik fest.

„Der Koalitionsvertrag ist Ausdruck einer unverfrorenen Anwendung von Rechtsbrüchen, siehe die europarechts- und verfassungswidrige Zurückweisung von Schutzsuchenden an den deutschen Grenzen sowie die geplante Abschaffung des Amtsermittlungsgrundsatzes im Asylverfahren“, kommentiert Claus-Ulrich Prölß. Der Anspruch Kölns, Stadt der Vielfalt und „sicherer Hafen“ zu sein, werde hierdurch ausgehöhlt. Schutzbedürftige Menschen würden bereits heute ohne Prüfung ihres Schutzanspruches an den europäischen und deutschen Grenzen abgewiesen und kämen gar nicht mehr nach Köln. Die angekündigte Überprüfung der unabhängigen Asylverfahrensberatung und die Neueinrichtung von „Abschiebe- und Dublinzentren“ bedeuteten darüber hinaus, dass auch bereits in der Stadt untergebrachte Geflüchtete ihrer rechtlichen Ansprüche auf Schutz und Beratung beraubt würden. „Die vorgesehene flächendeckende Einführung von Bezahlkarten, die Beschränkung des Familiennachzugs und die Beendigung von Aufnahmeprogrammen stehen im klaren Gegensatz zur bundespolitischen Willensbekundung, Integration zu fördern, Radikalisierung entgegenzuwirken und Einwanderung steuern zu wollen. „Jeder dieser Aspekte wirkt sich erschwerend auf die Lebensverhältnisse von in der Stadt lebenden Geflüchteten aus“, sagt Tim Westerholt.

„Die Menschen, die in Köln ein sicheres Leben gesucht haben, werden zutiefst verängstigt und beunruhigt. Das empört nicht nur diejenigen Kölner*innen, die sich ehren- oder hauptamtlich für Geflüchtete engagieren, sondern es geht die ganze Stadtgesellschaft an“, sorgt sich Wolfgang Uellenberg van Dawen. Rat, Verwaltung und Zivilgesellschaft suchen seit Anfang der 2000er Jahre gemeinsame Lösungen für die Aufnahme und Integration von geflüchteten Menschen und haben dies auch gemeinsam geschafft. Nun muss Köln mit seinen begrenzen Mitteln versuchen, die schädlichen Wirkungen bundespolitischer Politik einzugrenzen. „Anders als es seit Jahren suggeriert wird, können wir auch in Köln spürbare Herausforderungen, wie den Fachkräftemangel oder die Überalterung der Gesellschaft, nur auf der Basis sozial gerechter Migration bewältigen,“ so Westerholt.

„Dies wird umso schwieriger, da der Bund die Mittel für die Integration von neu angekommenen Menschen mit internationaler Geschichte zwar erhöhe, aber an Bedingungen knüpfe, die die jetzt schon überforderte Verwaltung kaum erfüllen könne“, erläutert Wolfgang Uellenberg van Dawen. Denn die Koalition binde Integrationsleistungen an das Prinzip des „Förderns und Forderns“. Wer immer an einer Maßnahme teilnehmen will, als Geflüchtete*r, Neuzugewanderte*r, oder gesuchte ausländische Fachkraft, muss mit welcher Behörde auch immer eine individuelle Integrationsvereinbarung schließen – ob dies sinnvoll ist oder nicht.

„Wir haben den Eindruck, dass sich auf der Bundesebene die Ideolog*innen ausleben und in den Kommunen die Praktiker*innen vor Ort mit den Widersprüchen, Zumutungen und uferlosen Anforderungen an Geflüchtete und Migrant*innen fertig werden müssen“, kommentiert abschließend Claus Ulrich Prölß.

Die Spitzenkandidat*innen der demokratischen Kölner Parteien zur Kommunalwahl sind gefordert, Antworten zu finden, auf welche Weise sie zukünftig bewährte kommunale Spielräume trotz eines enger werdenden bundesgesetzlichen Rahmens, behaupten und nutzen möchten.

Der Runde Tisch für Integration, die Caritas und der Kölner Flüchtlingsrat laden daher gemeinsam die Spitzenkandidat*innen der größten, demokratischen Kölner Parteien am 24.06.2025 von 18:00 Uhr bis 20:00 Uhr in die Karl Rahner Akademie zu einer öffentlichen Veranstaltung ein, um ihre Haltung zu einer zukünftigen Kölner Integrationspolitik darzustellen.