Das Zusammenleben mit „Türkeistämmigen“ zu fördern, Diskriminierung und rassistische Vorurteile zu überwinden, auf soziale Ungleichheit und gesellschaftliche Ausgrenzung aufmerksam zu machen und zugleich den Dialog zwischen „Türkeistämmigen‟ über die Konflikte in der Türkei zu ermöglichen, war das Ziel des Projektes „Dialog mit und zwischen Eingewanderten aus der Türkei,“ dessen Ergebnisse heute auf einer Pressekonferenz im DOMiD in Köln Ehrenfeld vorgestellt wurden. Die Stadt Köln hatte das Projekt mit 5.000 Euro gefördert.
In 3 Runden mit Expertinnen und Experten sowie einer öffentlichen Veranstaltung wurde über erfolgreiche und gescheiterte „Integration“, das kulturelle Gepäck der Migrantinnen und Migranten und des Religionsverständnisses zwischen Fakten und Folklore sowie die Stärkung eines integrativen Wir-Gefühls diskutiert.
Hier die Pressemitteilung
Integration findet als ein Prozess der gegenseitigen Anerkennung statt mit dem Ziel, den Eingewanderten die gleiche Teilhabe an den Arbeits- und Lebensbedingungen zu ermöglichen, wie den Menschen, die hier schon lange leben und diese Bedingungen im Wesentlichen bestimmen.
Für die als Arbeitskräfte aus der Türkei angeworbenen begann die Integration durch die Arbeits-und Sozialrechtliche Gleichstellung in der Arbeitswelt, auch wenn ihre Arbeitsbedingungen am Anfang deutlich schlechter als die der seit längerem in Deutschland Beschäftigten war.
In den 1980er Jahren führten in Köln wie in anderen westdeutschen Großstädten der Strukturwandel von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft sowie politische und unternehmerische Fehlentscheidungen zum Verlust von mehreren zehntausend Arbeitsplätzen in der Industrie. Besonders „Türkeistämmige“ waren davon betroffen und die Folgen waren eine hohe Arbeitslosigkeit sowie prekäre Arbeitsverhältnisse.
Trotz vieler Anstrengungen und Erfolge grenzt unser Bildungssystem immer noch viele Kinder aus Migrantenfamilien aus. Die Struktur des gegliederten Bildungssystems, mangelnde interkulturelle Kompetenz der Lehrenden und unzureichende muttersprachliche, bilinguale Angebote behindern Integration und sozialen Aufstieg.
Auch wenn Köln zunehmend eine multikulturelle Stadt wird, im Straßenbild, bei Kultur- und Freizeitangeboten, in der Vielfalt der Stadtgesellschaft, werden viele Menschen aus der Türkei wie auch Migrantinnen und Migranten aus anderen Ländern bei der Teilhabe an bezahlbaren Wohnungen, an öffentlichen Gütern, im Gesundheitswesen, bei der Entwicklung der Stadtteile immer noch benachteiligt. Ihr Einfluss in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik ist zu gering.
Umso deutlicher wird die Diskriminierung auf Grund der Hautfarbe, kultureller oder religiöser Gewohnheiten, der Herkunft oder mangelnder Sprachkenntnisse. Diskriminierungen beruhen auf Zuschreibungen, Unkenntnis und Ängsten.
Konflikte zwischen den Eingewanderten aus der Türkei
Festzustellen ist, dass die „Türkeistämmigen“ mit einem kulturellen Gepäck gekommen sind. Viele sind ihrem Herkunftsland immer noch verbunden. Auch bedingt durch die politisch-gesellschaftlichen Entwicklungen in Deutschland, durch erfahrene Diskriminierungen und ethnische Zuschreibungen wurden kulturelle Bindungen an das Heimatland wieder gefestigt, wuchs die Distanz zur deutschen Mehrheitsgesellschaft.
Die politisch, ethnisch und religiös bedingten zentralen Konflikte im Herkunftsland Türkei spiegeln sich fast genauso unter hiesigen „Türkeistämmigen“ wieder.
Wechselnde türkische Regierungen haben hiesige „Türkeistämmige“ auch als Devisenquelle betrachtet und nicht ausreichende Motivationsanstrengungen unternommen, damit Eingewanderte leichter ihren Platz in Deutschland finden konnten. Im Gegenteil hat man hier lebende Menschen als einen Teil der gesellschafts-politischen Entwicklungen und Konflikte in der Türkei betrachtet und versucht sie dort hineinzuziehen und entlang der innenpolitischen Konfliktlinien zu spalten.
Zugleich suchen politisch und religiös-fundamentalistische Gruppen und Organisationen Anhänger und haben so Anteil daran, Konflikte aus der Türkei nach Deutschland zu übertragen. Diese führen zu Streit, Spaltungen, Feindseligkeiten, gegenseitiger Diskriminierung und Anfeindungen bis hin zu physischen Übergriffen.
Eine innere Motivation zu einer Integration (i.S.v. einem gegenseitigen Prozess) kann eventuell erst dann gelingen, wenn die Menschen tatsächlich das Gefühl haben “Home is, where my heart is” (dt.: „Nicht dort ist meine Heimat, wo ich geboren bin, sondern dort, wo ich mich zu Hause fühle”; (tr.: „Doğduğum yer degil, doyduğum yer vatanımdır”). Dies ist selbstverständlich u.a. davon abhängig, wie sie sich in der Ankunftsgesellschaft fühlen und wie sie hier behandelt werden.
Dabei geht es um eine gerechte Gleichstellung in Wirtschaft und Gesellschaft und um die politische Gleichberechtigung. Darum ist das kommunale Wahlrecht für nicht – EU Ausländer und darüber hinaus das Wahlrecht für alle, die hier ihren Lebensmittelpunkt haben, eine wichtige Bedingung dafür, hier anzukommen und mitgestalten zu können und zu wollen.
Zur Projektgruppe gehörten
Dr. Wolfgang Uellenberg – van Dawen
Dr. Ali Kemal Gün
Bernd Geiß