Joseph Wirth 1922.
Redemanuskript von Claus-Ulrich Prölß, 01.06.2024
Liebe Freundinnen und Freunde,
Der Feind steht rechts. Sagte der Zentrumspolitiker Joseph Wirth bereits 1922.
Die Feinde unserer Demokratie, die Feinde der Rechtstaatlichkeit, die Feinde der Solidarität und der Toleranz und Weltoffenheit – sie stehen alle rechts. Das war schon vor 100 Jahren so und das ist auch heute so.
Nein, die Geschichte wiederholt sich nie. Aber es gibt Mechanismen und Strategien, die können sich wiederholen und sie wiederholen sich hier und heute! 75 Jahre nach Inkrafttreten des Grundgesetzes wird unsere Demokratie erneut von Verfassungsfeinden und ihren Dunstkreisen, aber auch infolge eines seit Jahren schon andauernden Rechtsrucks von großen Teilen der Gesellschaft bedroht. Es ist ein Rechtsruck voller Lug und Trug und Menschenverachtung, voll von Hass und Hetze und Gewalt.
Ein Rechtsruck, der uns kürzlich auf Sylt und anderswo nochmal deutlich zeigt, wie erbärmlich und arm im Geiste die Fratze der Volksverhetzung aussehen kann. Es braucht dafür nicht nur die AfD. Es ist völlig unerträglich,
- dass aus unserer dunkelsten Vergangenheit so wenig gelernt wird,
- dass einzelne Politiker und ganze demokratische Parteien denen auf den Leim gehen, die unser demokratisches Gemeinwesen abschaffen wollen und
- dass Parteien von Brandmauern nur sprechen, aber keine hochziehen! Und wenn – wie kürzlich – der sächsische Ministerpräsident behauptet, Brandmauern stünden ja gar nicht im Grundgesetz, dann muss man ihm sagen, das ganze Grundgesetz ist eine Brandmauer und sie fängt mit Art. 1 an: Die Würde des Menschen ist unantastbar!
Wir erwarten von allen demokratischen Parteien,
- dass sie klare Kante gegen rechts zeigen und sich auch so verhalten,
- dass sie Rechtsextremismus und seine Ursachen entschieden bekämpfen und
- Migrantinnen schützen und eben nicht entrechten!
Mit den Themen Flucht und Migration wird aber Wahlkampf gemacht und man schürt Ängste, wo es nur geht. Migration, freiwillige oder unfreiwillige, gibt es aber, seit es Menschen gibt. Nein, die Menschen haben per se keine Angst vor Migration. Sie bekommen erst Angst vor Migration, wenn sie mit Fake News beschallt werden etwa damit, dass geflüchtete Menschen illegal und kriminell seien und hier quasi wie eine Naturgewalt massenhaft und unkontrolliert einströmen würden.
Viele Menschen haben in diesen unsicheren Zeiten aber berechtigte Existenzängste
- und wenn wir diese Menschen erreichen wollen,
- wenn wir die Demokratie stärken wollen,
- wenn wir dem Rechtsextremismus den Boden entziehen wollen,
- dann müssen Menschenrechte und auch soziale Rechte gestärkt werden,
- müssen kaputte Infrastrukturen repariert,
- bezahlbare Wohnungen gebaut,
- das Bildungssystem reformiert,
- Armut und soziale Ungleichheit bekämpft
- und dafür gesorgt werden, dass man von seinem Arbeitseinkommen auch gut leben kann und auch dann, wenn man in Rente ist.
Ja, das kostet. Aber das muss uns unsere Demokratie verdammt noch mal Wert sein und zwar mehr Wert, als eine Schuldenbremse. Was wir aber derzeit erleben, ist das genaue Gegenteil und Menschenrechte, die Rechte von Flüchtlingen, werden abgebaut. Das Internationale Flüchtlingsrecht soll in der EU und auch in Deutschland verbogen und am besten gleich verbannt werden, in Konstruktionen exterritorialer Gebiete oder gleich in Drittstaaten außerhalb der EU verlagert werden. Das Recht droht so zu verschwinden. Aber dort, wo kein Recht mehr ist, ist Willkür. Und wo Willkür ist, ist keine Demokratie mehr.
Die Abschaffung des Asylrechts und das Outsourcen des Flüchtlingsschutzes außerhalb der EU, darin sind sich so manche Parteien auch in Deutschland einig. Nicht nur die AfD hat es in ihrem Programm, auch CDU und FDP. Eine CDU-Delegation mit Jens Spahn war erst vor zwei Wochen in Ruanda, um auszuloten, ob man künftig alle Schutzsuchenden aus Deutschland dorthin deportieren kann, damit sie dort Asylverfahren durchlaufen.
Was für ein Irrsinn.
Die Abschaffung des Asylrechts in der EU und in Deutschland wäre kein Durchbruch, sondern ein Dammbruch, ein Rechtsbruch und ein Ausdruck der Krise der Demokratie in der EU und auch hierzulande.
In Deutschland finden gesetzliche und andere Restriktionen gegenüber Flüchtlingen längst statt. Und es soll bald eine sog. Bezahlkarte eingeführt werden. Eine Bezahlkarte, die gegen das Selbstbestimmungsrecht verstößt, eine Bezahlkarte, die vorschreibt, was man und wo man kaufen darf, eine Bezahlkarte, die Geflüchtete ausgrenzt und diskriminiert. Die Kölner Kampagne „Selbstbestimmung statt Bezahlkarte“ hat eine Unterschriftenliste gegen die Bezahlkarte veröffentlicht. Unterschreiben kann man online bei https://www.openpetition.de/petition/online/selbstbestimmung-statt-bezahlkarte
Wählt am 9. Juni Demokratie und Menschenrechte – Nie wieder Faschismus – Solidarität statt Hetze – Arsch huh!